Koriander – geliebt oder gehasst

Der eigenwillige Geschmack von frischem, grünem Koriander lässt wohl kaum einen Menschen gleichgültig. Dabei ist Koriander das am meisten verwendete Kraut der Welt, weit vor Petersilie, Basilikum, Minze oder Dill.

Wer den Geruch und Geschmack des im Volksmund auch Wanzendill genannten Krauts nicht mag, beruft sich heute gern auf eine genetisch bedingte Sensibilität. Eine amerikanische Untersuchung will herausgefunden haben, dass etwa jeder fünfte Ostasiat, jeder sechste Europäer und jeder siebte Afrikaner eine seifige Note erschmecken – woraufhin sie sich mit Abscheu von diesem Kraut distanzieren. Auf jeden Fall eine gute Ausrede …

Nun wird fast in der gesamten deutschen kulinarischen Literatur Koriander immer wieder mit seifigem Geschmack charakterisiert, was von uns – wie den meisten unserer Kochschüler, höchstens von jedem 20sten! – nicht nachempfunden werden kann. Haben also der größte Teil der Kochbuchautoren und kulinarischen Journalisten jenes Gen, das den Geschmack seifig erscheinen lässt? Unwahrscheinlich.

Sucht nicht eher die Ablehnung des als unangenehm empfundenen Geruchs für einen sprachlichen Ausdruck, der dann als seifig definiert wird? Denn was wir erlebt haben, ist: Fast alle unsere Gäste, die zunächst Koriander scharf abgelehnt haben, finden ihn nach mehreren Besuchen bei uns als durchaus angenehm, sind teilweise sogar zu echten Koriander-Fans geworden. Das heißt, man kann sich offenbar an den Geschmack gewöhnen – oder, wenn man sich ein wenig Mühe geben will, ihn sich regelrecht erobern.

Heute erreichte uns diese Mail:

„Durch viele Reisen nach Südostasien bin ich ein absoluter Fan der thailändischen Küche geworden. Leider vertrage ich den für asiatische Küchen so typischen Koriander, wie die meisten Europäer, nicht (zu dem Thema können noch viele Doktorarbeiten geschrieben werden!). In Thailand behilft man sich in solchen Fällen mit einem Kraut namens „Pak Chi Farang“, was so viel wie „Koriander für Europäer“ heißt. Er schmeckt bei weitem milder als der normale Koriander und ist daher auch für mich sehr gut verträglich. Bloß was für eine Pflanze ist das? In eurer Kochsendung (in der Folge Küchenparty zum 30jährigen Jubiläum) habt Ihr Pak Chi Farang als „langblättriger Gartenwegerich“ identifiziert, doch auch die Suche nach diesem Begriff lief bis jetzt ins Leere. Könnt Ihr da weiterhelfen? Ich möchte die Pflanze (oder Samen) unbedingt haben, weil ich auch selber sehr gern thailändisch koche. In Thailand selbst ist die Suche bisher an Sprachschwierigkeiten gescheitert. Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe.“

Wir haben geantwortet, wobei wir auf die falsche Annahme, dass die meisten Europäer Koriander nicht vertragen, gar nicht erst eingegangen sind:

„Ja, die Benennung “langblättriger Gartenwegerich”, die wir in einem Asialaden in Zürich entdeckt haben, fanden wir schon ziemlich witzig – wie ja auch die Tatsache, dass das “farang” zu der allgemein gebräuchlichen Bezeichnung “Europa-Koriander” geführt hat, obwohl die Pflanze ursprünglich aus Lateinamerika (vor allem sehr beliebt in Mexiko) stammt, ein Treppenwitz der Übersetzungskunst ist … Zur besseren Erklärung und für die Bestellmöglichkeit verweisen wir auf den Spezialisten Daniel Rühlemann, der in seinem Katalog Folgendes ausführt:

 LANGER KORIANDER Eryngium foetidum

[spanisch: Recao, Culentro, vietnam.: Ngo gai, thail.: Pak Chi Farang, Sägeblatt-Koriander, vormals bei Rühlemann‘s: Mexikanischer Koriander] Meine Meinung: Dies ist der Blattkoriander mit dem stärksten und besten Geschmack. Die Blätter haben einfach ein unschlagbares tolles Aroma. Falls Sie mit der Würze von Blättern aus Coriandrum sativum nicht zufrieden sind – probieren Sie diesen! Es ist übrigens die einzige Koriander-Art, die sich zum Trocknen eignet, denn sie behält dabei immer noch viel von ihrem starken Aroma. Ein Blatt, wie Lorbeer mitgekocht, reicht aus, um ein ganzes Gericht zu würzen. Langer Koriander bildet eine Blattrosette und nach einiger Zeit erscheinen unscheinbare Blütenstängel mit stacheligen kleineren Blättern an grünen Stängeln. Schneiden sie diese am besten schon im Jungzustand heraus – die Pflanzen bilden dann mehr Blätter nach und leben länger. Für gutes Wachstum sorgen Sie am besten, wenn sie dieses Kraut in eine gute und feuchte Erde pflanzen.

Als Gewürzkraut, das in den tropischen Zonen Südamerikas beheimatet ist, mag langer Koriander gerne viel Wärme um viele zarte, aromatische Blätter auszubilden. Im Sommer wächst es auch noch gut im Schatten. Wiewohl diese Pflanze eigentlich aus Amerika kommt, wird sie heute auch viel in der thailändischen und südostasiatischen Küche verwendet. Wegen seiner leicht gezahnten Blätter heißt dieser Koriander in Englisch auch Sawtooth herb (Sägezahnkraut). Für alle Gerichten mit Kokosmilch: Dieser Koriander passt am besten! In der Volksmedizin gilt dieser Koriander als gutes Mittel gegen Magenverstimmungen. Er soll auch entzündungshemmend wirken. Verbreitet ist auch der Gebrauch besonders in der karibischen Küche, meist unter dem Namen Culentro.

Alles, auch Katalog zum Download (ist allerdings etwas umständlich und zeitraubend zu bedienen) und Bestellmöglichkeit finden Sie unter: www.kraeuter-und-duftpflanzen.de Was den Anbau bei uns anbetrifft, so haben wir es aufgegeben, weil die Pflanze wirklich gut nur in sehr feuchter Atmosphäre gedeiht und zarte Blätter bildet, als typische Kurztagspflanze im Sommer sofort zu schießen beginnt und auch das Ausbrechen des Stengels nicht viel hilft: Die Blätter wurden bei uns immer hart, stachelig und praktisch ungenießbar, weshalb wir sie lieber im Asialaden kaufen. Wenn Sie allerdings ein Gewächshaus haben, könnten Sie von Herbst bis ins Frühjahr hinein gute Ergebnisse erzielen.“

Nachdem aber dieses Kraut dem Anfrager auch zu „koriandrig“ war, haben wir ihm eine Alternative aus einer ganz anderen Pflanzenfamilie angeboten: Pak phai  = Vietnamkoriander, der auch hierzulande leicht zu ziehen ist. Gleiches gilt für zwei eng verwandte Kräuter aus Lateinamerika, Quillquina und Papalo: so eigenwillig wie Koriander, aber doch ganz anders, fast unverzichtbar für ein peruanisch oder karibisch zubereitetes Ceviche  – und von allen uns bekannten Korianderhassern begeistert angenommen! Alle ebenfalls über www.kraeuter-und-duftpflanzen.de zu beziehen.

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2 Antworten zu “Koriander – geliebt oder gehasst”

  1. Roland Schmidt

    Schönen guten Tag, zusammen, und da auch das Datum stimmt, auch gleich ein gutes neue Jahr.

    Vergangenen Samstag war wieder obligatorisch Eure Sendung “Kochen mit Martina und Moritz” im Fernsehen für mich angesagt.
    Dazu wollte ich eine Bemerkung machen.
    Ihr habt wieder in unterschiedlichen Rezepten, Koriander verwendet.
    In Euren Blog, habe ich dann zufällig, den Beitrag über Korinander gelesen.
    Unter anderem schreibt Ihr:

    “Fast alle unsere Gäste, die zunächst Koriander scharf abgelehnt haben, finden ihn nach mehreren Besuchen bei uns als durchaus angenehm, sind teilweise sogar zu echten Koriander-Fans geworden. ”

    Kann ich beinahe nicht nachvollziehen.
    Ich lebe nun im 9. Jahr in Thailand und da wird unter den Farang in den unterschiedlichen Forums, sowie in meinem Freundes- und Bekanntenkreis heftig diskutiert.
    Die Haelfte etwa lehnt den Korinader total ab, unter anderem ich.
    Falls ich nicht aufgepasst habe bei einem Gericht welches ich mit nach Hause genommen habe, wird der Korinader von mir oder meiner Frau raus gepult, ist ja hier meist, nur sehr grob zerkleinert..
    Wobei ich aber sonst so ziemlich alles esse, allein bei den Insekten tue ich mich schwer.
    Aber bei dem Korinander kenne ich einige Bekannte, die lassen dann das ganze Gericht stehen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Roland Schmidt

    • Martina und Moritz

      Hallo Roland,
      Ja, so ist es halt. Freilich erreicht der Koriander kaum Menschen, die ihm unversöhnlich gegenüberstehen, sich ihm gar nicht erst öffnen wollen. Aber egal – wer ihn nicht mag, lässt ihn halt weg. Wir wollen Niemand dazu zwingen. Andererseits gehört eben in viele Gerichte dieses Kraut, um ihren originalen, wahren, traditionellen Geschmack entwickeln zu können. Man stelle sich nur mal Graved Lachs ohne Dill, Sauce Béarnaise ohne Estragon oder Pesto Genovese ohne Basilikum vor: Unmöglich, das wären dann schlichtweg Gerichte!
      Mit freundlichen Grüßen, Ma&Mo

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